Fachbeitrag von Rechtsanwältin Lübke-Ridder, Stuttgart
Beim Thema Erbe und Testament ist einiges zu beachten. Für Ehegatten gibt es unterschiedliche Formen, wie sie ihren Nachlass regeln können. Und der Gesetzgeber hat auch nahe Verwandte unter den Schutz des Erbrechts gestellt, so dass bei der Ausgestaltung des Letzten Willens z.B. Erbansprüche von Eltern und Kindern beachtet werden müssen.
Im Folgenden finden Sie einen ersten Überblick über gesetzliche Vorgaben und Gestaltungsmöglichkeiten im Ehegattenerbrecht.
Ehepartner überlegen sich häufig ein gemeinsames Testament aufzusetzen. Damit der gewünschte Letzte Wille auch erfolgreich umgesetzt werden kann, sollten die Eheleute zunächst überlegen, wer gesetzlicher Erbe sein könnte und inwieweit dieser berücksichtigt werden sollte, damit Testament oder Erbvertrag Bestand haben.
Diese Überlegung ist deshalb wichtig, da der Gesetzgeber den gesetzlichen Erben unter den Schutz der erbrechtlichen Gesetze gestellt hat. Ein gesetzlicher Erbe kann zwar enterbt werden, er kann aber dennoch einen Pflichtteil geltend machen.
Diesen Pflichtteil kann der gesetzliche Erbe nur als schuldrechtlichen Anspruch gegenüber den Erben geltend machen. Er kann nicht einen konkreten Teil des Nachlasses einfordern. Genauso verhält es sich, wenn der Erblasser ein Testament verfasst, in dem zwar jeder Pflichtteilsberechtigte bedacht wird, aber einen geringeren Anteil als seinen Pflichtteil erhalten soll. Der Pflichtteilsberechtigte könnte dann einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
Es ist also darauf zu achten, dass bei einer letztwilligen Verfügung die gesetzlichen Erben nicht aus dem Blick geraten. Die gesetzliche Erbfolge des Bürgerlichen Rechts geht neben dem Ehegattenerbrecht vom Erbrecht der Blutsverwandtschaft aus. Adoptierte Kinder sind dieser Verwandtschaft, also dem Erbrecht der Blutsverwandtschaft, gleichgestellt.
Die Ehepartner sollten daher zunächst überlegen, welches gesetzliche Erbrecht ihnen und der existierenden Verwandtschaft zusteht. Dabei wird zunächst das gesetzliche Erbrecht der Ehegatten ermittelt.
Das gesetzliche Ehegattenerbrecht wird im Wesentlichen vom bestehenden Güterrecht beeinflusst.
Eheleute können den gesetzlich vorgesehenen Güterstand, die sogenannte Zugewinngemeinschaft, beibehalten haben oder die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft gewählt haben. Jeder Güterstand wirkt sich anders auf das gesetzliche Ehegattenerbrecht aus.
In der Regel belassen es Ehepartner bei der gesetzlich vorgesehenen Zugewinngemeinschaft. Von der Zugewinngemeinschaft wird im Folgenden ausgegangen.
Ist dann geklärt, ob es Verwandte gibt und welcher „Ordnung“ sie zuzuordnen sind, sieht die gesetzliche Erbfolge bei Eheleuten wie folgt aus:
Neben Verwandten der 1. Ordnung, das sind die Kinder und Kindeskinder, erhält der Ehegatte ¼ (§ 1931 Abs. 1 BGB) + ¼ (§§ 1931 Abs. 3 BGB, 1371 Abs.1 BGB) also ½ des Nachlasses. Beim gesetzlichen Erbteil kommt eventuell noch ein kleiner Voraus für Hausrat (§ 1932 BGB) hinzu. Die verbleibende Resterbquote beträgt für diese Verwandten ½.
Neben Verwandten der 2. Ordnung, das sind die Eltern und deren Abkömmlinge (Geschwister), erhält der Ehegatte ½ (§ 1931 Abs. 1 BGB) + ¼ (§§ 1931 Abs. 3 BGB, 1371 Abs.1 BGB), also ¾ des Nachlasses. Beim gesetzlichen Erbteil kommt eventuell noch ein großer Voraus für Hausrat (§ 1932 BGB) hinzu. Die verbleibende Resterbquote beträgt für diese Verwandten ¼.
Neben Verwandten der 3. Ordnung, das sind die Großeltern, erhält der Ehegatte ½ (§ 1931 Abs. 1 BGB) + ¼ (§§ 1931 Abs. 3 BGB, 1371 Abs.1 BGB) = ¾. Beim gesetzlichen Erbteil kommt eventuell noch ein großer Voraus für Hausrat (§ 1932 BGB) hinzu. Die verbleibende Resterbquote beträgt für diese Verwandten ¼.
Nach dem Gesetz ist ein Verwandter nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden sind.
Ein Beispiel:
Lebt die Mutter des Erblassers noch und gibt es zwei Kinder sowie Geschwister, dann sind nur die Kinder zur Erbfolge berufen, da sie Verwandte der 1. Ordnung sind. Sowohl die Mutter als auch die Geschwister haben keinerlei Rechte.
Nachdem die Ehegatten so den gesetzlichen Erbteil und somit auch den Pflichtteil (=Hälfte des gesetzlichen Erbteils) der Verwandten festgestellt haben, können sie ihren letzten Willen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben niederschreiben.
Die Ehegatten haben unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten von Ehegattenverfügungen von Todes wegen. Sie können sich entschließen, entweder ein Testament aufzusetzen oder einen Erbvertrag abzuschließen.
Zunächst sollten die Eheleute sich die Regelungsziele überlegen, um diese dann im Rahmen der Ehegattenverfügungen von Todes wegen umzusetzen.
Erwähnenswert ist, dass jedem Ehegatten auch während der Ehe von ihm angeschaffte und dinglich zugeordnete Vermögensgegenstände weiterhin in seinem Vermögen verbleiben. Dies ist nur bei der notariell vereinbarten Gütergemeinschaft ausnahmsweise nicht der Fall. Trotzdem betrachten viele Eheleute das beiderseitige Vermögen faktisch als Einheit und möchten dieses auch beim Tod eines Partners bewahren.
Die letztwillige Verfügung kann in Form eines Einzeltestamentes, eines gemeinsamen Testamentes oder eines Ehegattenerbvertrages festgehalten werden.
1. Das Einzeltestament ist bei Verheirateten eher die Ausnahme.
Das Einzeltestament wird häufig gewählt bei Unternehmern, als sog. Unternehmertestament oder bei einem begüterten und einem nichtbegüterten Partner. Ansonsten wird in der Regel das gemeinschaftliche Testament bevorzugt.
2. Gemeinschaftliches „Ehegattentestament“ (Einheitslösung)
Ein gemeinschaftliches Testament muss immer die letztwillige Verfügung beider Ehegatten enthalten. Dies kann in Form einer wechselbezüglichen oder einseitigen Verfügung umgesetzt werden. Beim gemeinschaftlichen Testament werden in der Regel Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen so geregelt, dass sie voneinander abhängig sind. Zwingend ist dies jedoch nicht. Häufig wird die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehepartner und in Folge die Erbeinsetzung eines Schlusserben auf den Tod des länger lebenden Ehepartners überlegt.
Wichtig sind bei der Erbeinsetzung einzelne Formulierungen. Setzen sich die Ehepartner als Vollerben ein und die eventuellen Kinder als Schlusserben, so liegt ein Berliner Testament im Sinne einer Einheitslösung vor. Das bedeutet, dass das Vermögen des zuerst Versterbenden zum Vermögen des länger Lebenden hinüber wandert und zu einer Vermögensmasse zusammenschmilzt.
Bei dieser Erbeinsetzung sollte auch überlegt werden, ob der überlebende Ehegatte in seiner Verfügungsgewalt eingeschränkt sein soll oder frei über das Vermögen verfügen kann.
Es ist weiterhin auch eine Freistellungsklausel möglich, die es dem überlebenden Ehegatten ermöglicht, die Schlusserbenfestsetzung wieder zu verändern.
Zu beachten ist bei dieser Einheitslösung, dass man möglicherweise Freibeträge verschenkt. Denn die Schlusserben müssen sich dann das Vermögen des zuletzt versterbenden entgegenhalten. Ehegatten haben einen Freibetrag von 500.000 EUR, Kinder einen von 400.000 EUR.
3. Gemeinschaftliches Ehegattentestament (Trennungslösung) – Vor- und Nacherbschaft
Bei einem gemeinschaftlichen Testament, welches die Trennungslösung bevorzugt, würde das Problem des verschenkten Freibetrages möglicherweise nicht existent.
Bei dieser Testamentsform setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Vorerben ein und die vorhandenen Abkömmlinge oder andere Personen als Nacherben. Vorteil dieser Testamentsform ist, dass die Vermögen getrennt bleiben, d.h. das Vermögen des zuerst Versterbenden bleibt vom Vermögen des überlebenden Ehegatten getrennt. Diese Testamentsform schränkt den überlebenden Ehegatten allerdings in seiner Verfügungsmacht ein. Er muss das Vermögen erhalten und den Nacherben weitergeben. Zwar gibt es auch hier die Möglichkeit, den Vorerben von der Verfügungseinschränkung zu befreien, diese Befreiung geht jedoch nicht soweit wie bei dem Berliner Testament in Form der Einheitslösung.
4. Notarieller Ehegattenerbvertrag
Diese Verfügung von Todes wegen wird von den Ehegatten in Form eines Erbvertrages vor dem Notar geschlossen. Beim Ehegattenerbvertrag gelten einige Besonderheiten und Formerfordernisse, über die der Notar bei der Erstellung des Erbvertrags aufklärt.
Fazit
Für die Nachlassregelung innerhalb der Ehe gibt es unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten sowie gesetzliche Vorgaben. Ehegatten sollten sich daher sehr genau überlegen, welche Testamentsform auf sie am besten passt. Hierbei ist oftmals auch eine erbrechtliche Beratung im Vorhinein sinnvoll, damit sich keine Fehler oder „unglückliche“ Formulierungen in die letztwillige Verfügung einschleichen, die den letzten Willen gefährden würden.
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